„Die heilige Welt der Kelten“ – Nigel Pennick bei Neue Erde

Schön bebildertes Coffeetable-Book, erschienen 2001 bei Neue Erde, das die Zeit der Kelten auf die allgemeine Zeitspanne nach der römischen Invasion der Britischen Inseln legt. Damit beginnt hier die Welt der Kelten zeitlich um 350 n. Chr. Da ist sie auf dem Festland schon seit 300 Jahre von den Römern zwangs-assimiliert worden.

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Oh, es ist ein schönes Bilderbuch, das da von England aus kommend (Erstverlegt 1997 bei Harper Collins) Nigel Pennick zusammengestellt und satt bebildert hat. Der deutsche Titel lautet etwas langatmig: „Die Heilige Welt der Kelten – ein illustrierter Führer in die Welt Keltischer Spiritualität und Mythologie“. 2001 ist es bei Neue Erde herausgekommen, übersetzt von Christiane Schöniger. Im lesefreundlichen Quartformat, das aufgeschlagen ein gutes Tableau ergibt purzeln pralle vierfarbige Pfoddos von Seite zu Seite. Darunter sind wirkliche visuelle Highlights. Die zwei Rosstrensen auf Seite 51 und 52 etwa. Oder die immer wieder spektakulär eingepassten Landschaftsaufnahmen von Tumuli und Steinsetzungen.

Der Nachteil ist, dass Pennick ein Altmeister der englischen Geomantie und Mythologie ist (und verantwortlich für die Wiedergeburt der Geomantie in England mit seinem Klassiker „The Ancient Science of Geomancy“), aber nicht unbedingt ein Wissenschaftler. Was als Geschichtenerzähler kein Nachteil sein muss, aber ab und an hätte mehr belastbare Wissenschaft dem Buch gut getan.

So begreift Pennick praktisch die ganze walisisch-bretonisch-schottisch-irische Geschichte als „keltisch“ und kann dementsprechend alles in den Bildertopf werfen, was diese Länder zu bieten haben: Eisenzeit, Bronzezeit, Mittelalter von 600-1600, dann Bilder der Neuzeit wie sich etwa die britische Mittelschicht um 1715 eine Druidenfeier in Stonehenge vorstellte. Danach Country-Art von 1984 „Rhiannon auf dem Pferd“. Alles was irgendwie stimmungsmäßig zusammenpasst ist mit drin. Das bringt Fülle, aber auch Beliebigkeit. Denn nun kann vom Autor vieles behauptet werden und mit dem Bildergedächtnis von 2700 Jahren Geschichte kann es auch illustriert wird. Ob es so gewesen ist – nun ja …

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Von Seite zu Seite viel Wahres im Text, aber eben auch eine Tour de Force von Höcksken auf Stöcksken: von Fruchtbarkeitssymbol zu Oghamschrift, von Avebury (2.500 vor) bis leicht kitschigen Landschaftsdarstellungen englischer bewährter Aquarellisten (1.830 nach), dann Menschenopfer, dann Hirsch, dann Krieger. Und alles mit Bildern.

Wenn man fertig ist, fragt man sich was man da geistig gevespert hat. Nun gut, es wurde „Mythologie und Spiritualität“ versprochen. Da die Kelten bedauerlicherweise bis etwa 800 auf die Schrift verzichten wissen wir darüber eigentlich fast nichts, wir betrachten einen leeren Bilderrahmen und mutmaßen von ihm auf das Bild. Und so finden sich hier eine Menge gut bebilderte Kelten-Ideen. Keinerlei Idee aber hat man, was man jetzt selbst hier in Mitteleuropa im Jahre 2012 damit machen sollte? Fazit: Zum Einstieg und zum drüberfliegen sicher nett, und auch schön durch die überreiche Bebilderung. Aber zu wenig belastbare Informationen und extrem viel „das war eben so, ich glaube es, jetzt sage ich es Dir – sind zusammen schon drei Beweise der Existenz“. Keltisch doppelbödig eben.


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Die Heilige Welt der Kelten [Gebundene Ausgabe] – Nigel Pennick
144 Seiten, durchgängig illustriert; Verlag: Neue Erde (2001)
EUR 29,95; ISBN-10: 3890604579; ISBN-13: 978-3890604572