William Butler Yeats publizierte 1893 ein monumentales, dreibändiges Buch über das Gesamtwerk von William Blake, der als Drucker und Illustrator arbeitend, 1827 arm gestorben war; damals nur wenig beachtet von der Kultur- und Geisteswelt seiner Zeit. Yeats brachte damit 60 Jahre später Blake als dichterisch-grafisch-visonäre Ikone erstmals systematisch und öffentlichkeitswirksam in das angelsächsische Kulturgefühl ein. Es verursachte dort ein kulturelles Erdbeben.
Dies, weil Blakes Imaginations-Universum absolut original und unbestritten großartig ist und weiter in keine Schublade passt. (Manuskript ‚Vala‘ Online). Gleichzeitig steht im Fokus dieses Werks vor allem der Mensch und seine Beziehungen in eine größere Transzendenz hinein. Das hört sich sehr geistig an, aber bei Blake, und auch das macht seine Vorstellungswelt so angenehm, wird dieser Mensch enorm körperlich gedacht.
Bei Blake ist Sex göttlichen Ursprungs, dazu ist es Kunst an und mit Körpern und alles zusammen ist Religion. Yeats Buch erschien im Viktorianischen Zeitalter Englands, als man Tischbeine gegen schmutzige Gedanken verhängte. Im Jahr 1899 wird Sigmund Freud mit dem Buch „Die Traumdeutung‘ das meistgelesenste und einflussreichste Buch des 20. Jahrhunderts herausgeben.
Das folgende Zitat, in der dt. Edition auf 1897 datiert, sind die ersten drei Sätze eines nur fünseitigen Essays, das mit Zeilen von Blake endet und eine Predigt für die Schöpferkraft als Welt an und für sich darstellt.
William Butler Yeats (1903) : Über William Blake und die Einbildungskraft
Es hat Menschen gegeben, die liebten die Zukunft wie eine Geliebte, und die Zukunft verschmolz ihren Atem mit dem ihren, ließ ihr Haar über sie herunterfallen und verbarg sie damit vor dem öffentlichen Verständnis zu Lebenszeiten. William Blake war einer dieser Menschen, und wenn er verworren und dunkel redete, geschah es, weil er von Dingen sprach, für deren Bezeichnung er in der Welt, die er kannte, keine Modelle finden konnte.
Er verkündete die Religion der Kunst, woran wirklich kein Mensch in eben dieser Welt jemals auch nur im Traum gedacht hätte (…)
Quellen
Originaltext: W. B. Yeats, ‘William Blake and the Imagination’ & ‘William Blake and His Illustrations of the Divine Comedy’, in Ideas of Good and Evil (1903)
Dt. Buchpublikation: Wicht, Wolfgang (1980): William Butler Yeats . Funde – Ausgewählte Essays. Übers. Elizabeth Gilbert
Leipzig/Weimar: Gustav Kiepenheuer
Originaltext Projekt Gutenberg:
http://www.ricorso.net/rx/library/authors/classic/Yeats_WB/prose/Ideas_G-Evil/Wm_Blake.htm
Engl. Orig.Publikation: Ideas of Good and Evil, by W. B. Yeats [2nd edn.] (London: A. H. Bullen, 47 Great Russell Street, London, W.C. MCMIII [1903]), 341pp. Copied from digital source at Gutenberg Project – online; 19.04.2015. Page numbers given in bow-brackets are those which appear at the head of each page in the original.
__ Patty Smith singt „Tiger„von William Blake. Video Youtube 2011
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